Großer Tag gegen das Vergessen
Haus der Gegenwart für Workshops und Außen-Ausstellung mit zehn Stationen: KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing neu eröffnet
Husum/schwesing/engelsburg
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Aufmerksam folgt Ministerin Anke Spoorendonk (rechts) den Erläuterungen der Kreistagsabgeordneten Telse Jacobsen.
Foto: müllerchen (3)
„Die Kleinen hängt man und die Großen lässt man laufen!“ – „De små fisk bliver hængt, de store slipper for straf!“ – „Catching the small fry and letting the big fish go free!“
Eine Erkenntnis, deren Wahrheitsgehalt sich im Lauf der Geschichte immer wieder gezeigt hat. Die ebenso bitter wie international ist. Zu lesen ist diese Botschaft auf einer von vier Tafeln im Haus der Gegenwart der KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing, die gestern im Beisein von rund 250 geladenen Gästen neu eröffnet worden ist.
Freundeskreis KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing - Startseite
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Auf dem Gelände an der Bundesstraße 200, das seit 1987 sukzessive verbessert wurde, hat es einen deutlichen Schnitt gegeben.
Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die internationale Ausrichtung. Dreisprachig (deutsch, dänisch, englisch) kommt – wie eingangs dargestellt – nicht nur das Haus der Gegenwart daher, sondern auch die Außen-Ausstellung.
Die widmet sich der Vor-, der Schreckens- und der Nachgeschichte des KZ-Außenlagers von Neuengamme, das die Schergen des Nationalsozialismus vom 24. September bis 28. Dezember 1944 unterhielten – und durch das zwischen 300 und 500 verschleppte Menschen unmittelbar oder in der Folge den Tod fanden.
Auf einem Rundgang erfährt der geneigte Besucher – angemeldete Gruppen werden von Guides geleitet, ausländische Gäste mit einem Audioguide ausgestattet – an zehn Stationen alles Wissenswerte dazu.
Wer über mobiles Internet verfügt, kann die Führung im Übrigen per Smartphone über www.audioguide-engelsburg.de und entsprechende QR-Codes mit einer minimalen Navigation (drei Klicks) erreichen.
Gehörlosen wird eine Broschüre mit einer Lesefassung des Audioguides zur Verfügung gestellt.
Zurück zum Haus der Gegenwart, das Gruppen von bis zu 15 Personen die Möglichkeit bietet, sich mit gesellschaftlichen und politischen Fragestellungen auseinanderzusetzen – im Rahmen von Workshops zu drei Themen, auf die auch schon die erwähnten Tafeln an der Wand eingehen: Verfolgung von (Kriegs-)Verbrechen, Weiterleben mit der Geschichte und Handlungsspielräume.
[Herren Hans-Jürgen Hansen, WestkuesteNet, Wolfgang Timm, Carl-Huter-Zentral-Archiv, beide Husum, hier links im Bild, waren vor Ort in Engelsburg.]
Das Haus weist eine konzeptionelle Besonderheit auf: Zum einen sind diese Themen für die Bildungsarbeit, deren übergeordnetes Ziel die Stärkung des historisch-politischen Bewusstseins auf der Grundlage der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist, ausschließlich mit Fragen aufbereitet, die Impulse geben und sich an der Gegenwart orientieren.
Zum anderen werden die Workshops eigenverantwortlich von externen Lehrkräften entwickelt. Die Einrichtung stellt dafür lediglich das inhaltliche Grobkonzept.
Dahinter steckt die Idee, dass viele verschiedene Personen im Rahmen der offenen Gesellschaft an den Themen arbeiten und ihre Ergebnisse den jeweils nachfolgenden Pädagogen zur Verfügung stellen.
Ein vergleichbares Konzept liegt der Internet-Enzyklopädie Wikipedia zugrunde, die ebenfalls ein freies und gemeinschaftliches Projekt ist.
Die in drei Bussen nach Schwesing gefahrenen Gäste der feierlichen Neueröffnung zeigten sich denn auch durchweg beeindruckt von der Einrichtung mit der Adresse Engelsburg 10.
So wie Schleswig-Holsteins Ministerin für Justiz, Kultur und Europa. „Alles kann sich sehr gut sehen lassen“, sagte Anke Spoorendonk beim anschließenden Festakt im Nordsee-Congress-Centrum in Husum.
„Die Außenanlage kommt qualitativ hervorragend daher.“
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander zu verknüpfen sei mehr denn je existenzielle Aufgabe einer aufgeklärten Gesellschaft.
Die Ministerin forderte in diesem Zusammenhang einen niemals enden wollenden Dialog ein – „darüber, wie wir uns die Erinnerungsarbeit vorstellen“. Versäume man dies, „überlassen wir dieses Thema rechtsaußenpolitischen Parteien wie der AfD – und zeigen gleichzeitig, dass wir leicht zu manipulieren sind“.
Auf diese Verpflichtung für verantwortungsvoll denkende Menschen hatte schon Carsten F. Sörensen als stellvertretender Landrat des Kreises in seiner Begrüßung hingewiesen:
„Wer die Erinnerung verweigert, riskiert, dass sich die Geschichte der Gewalt gegen anders Aussehende und Andersdenkende wiederholt.“ Damit man wisse, wofür und wogegen man sich einzusetzen habe, „ist diese KZ-Gedenkstätte notwendig“.
Von einem „dieser guten und wichtigen Tage“ sprach Prof. Dr. Dr. Gerhard Fouquet – „ein wichtiger Tag des Erinnerns an die nationalsozialistischen Verbrechen“.
Dankbar gratulierte der Vorsitzende der Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten allen Beteiligten zu diesem zeitgemäßen Zeichen: „Die KZ-Gedenkstätte soll uns alle daran erinnern, für Nachhaltigkeit zu sorgen.“
Sichtlich gerührt stand Uwe Thomas Carstensen, der mit 100 000 Euro aus seiner Privatschatulle den Grundstein zur Weiterentwicklung der Einrichtung gegeben hatte (wir berichteten), am Rednerpult.
„Mein Opa wäre sehr froh gewesen, wenn er das heute erlebt hätte“, sagte der auf dem Bauernhof seines Großvaters zwischen Immenstedt und Olderup – nur etwa vier Kilometer vom ehemaligen Konzentrationslager entfernt – aufgewachsene Großspender.
Sprach’s und hielt ein anrührendes Plädoyer für Zivilcourage, das in die eindringliche Botschaft mündete, dass sich Feigheit nicht auszahlt.
lap
Audioguide für die KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing
Station 1 DE | audioguide-engelsburg.de
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Text: Janine Doerry
Musik: Rudolf Kitzelmann
Impressum
Herausgeberin:
Stiftung Nordfriesland
Johanna Jürgensen
Schloss vor Husum
25813 Husum
stiftung@nordfriesland.de
Tel. 04841/89730
Nachstehend finden Sie unsere Satzung. Um Sie lesen zu können müssen Sie auf "Weiterlesen: Satzung des Freundeskreises KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing" klicken.
Weiterlesen: Satzung des Freundeskreises KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing
Der Freundeskreis stellt sich vor
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Der Vorstand des Freundeskreises
Der Vorstand des Freundeskreises von links: Rolf Burghard, Maria Jepsen, Dr. Stephan Bauer und Peter Knöfler. Nicht im Bild ist Bernd Facklam.
Der Freundeskreis der KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing hat sich im Laufe des Jahres 2014 gebildet. Er setzt sich dafür ein, dass die Thematik Gedenkstätte neu aufgegriffen wird und die Pläne für eine angemessene bauliche Ausstattung auf dem Gelände verwirklicht werden. Weitere Aufgaben des Vereins sind die Förderung der Erforschung und Vermittlung der Geschichte des KZ Husum-Schwesing im Kontext der historischen Entwicklung des 20. Jahrhunderts. So sagt es die Satzung. Dazu gehört der Einsatz gegen Neonazismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Wir wollen das demokratische Bewusstsein fördern.
Weiterlesen: Der Freundeskreis stellt sich vor
http://schwesing.de/index.php?option=com_content&view=article&id=39&Itemid=47
Am 25. September 1944 wurden vom Konzentrationslage Neuengamme (www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de ) 1.500 männliche Häftlinge, darunter die Mehrheit Dänen und Norweger, nach Schwesing bei Husum transportiert.
Am folgenden Tag trafen die Männer in einem leerstehende, am Bahndamm der damaligen Eisenbahnstrecke Flensburg-Husum gelegenen Barackenlager für 400 Personen ein, das für den Reichsarbeitsdienst errichtet worden war.
Luftbild der Royal Air Force aus dem Herbst 1944, das Barackenlager ist hervorgehoben.Luftbild der Royal Air Force aus dem Herbst 1944, das Barackenlager ist hervorgehoben.
Das Lager ist auch unter dem Namen der Gemeinde "Engelsburg" bekannt. Die Häftlinge wurden zum Bau des so genannten "Friesenwalls" - Verteidigungsanlagen gegen eine befürchtete Landung der Alliierten an der Nordseeküste - im Auftrag des Reichsverteidigungskommissars im Wehrkreis X eingesetzt.
Die Männer mussten täglich zehn bis zwölf Stunden Schwerstarbeit verrichten. Im Oktober 1944 erreichte ein zweiter Transport mit 1000 Häftlingen das Lager, sodass bis zu 2500 Menschen in den völlig überfüllten Baracken leben mussten.
Mit der zusätzlichen Belegung begann ein Massensterben.
Die genaue Zahl der Opfer des Lagers Schwesing ist nicht bekannt, lediglich die Namen von 297 Inhaftierten sind registriert.
Das Lager Schwesing wurde vermutlich aufgelöst, weil das Oberkommando der Wehrmacht den Bau des Friesenwalls aufgrund der veränderten militärischen Lage aufgab.
Die SS brachte die Häftlinge am 29. Dezember 1944 ins Stammlager Neuengamme zurück.
Lagerführer war SS Untersturmführer Hans Hermann Griem. Sein Stellvertreter war SS Untersturmführer Josef Klingler.
Zeitraum:
26. September 1944 bis 29. Dezember 1944
Anzahl:
2.500 Männer
Art der Arbeit: Bau von Befestigungen und Panzergräben - (Projekt "Friesenwall)
Auftraggeber:
Reichsverteidigungskommissar im Wehrkreis X
KZ-Gedenkstätte
Am 27. November 1987 wurde eine auf Beschluss des Kreistages von Nordfriesland angelegte, künstlerisch gestaltete Gedenkstätte eingeweiht. Initiatoren waren überlebende Häftlinge des Lagers und die "Arbeitsgruppe zur Erforschung der nordfriesischen Konzentrationslager", die sich seit Anfang der 1980-er Jahre für eine Gedenkstätte eingesetzt hatten und deren Forderungen zu öffentlichen Auseinandersetzungen führten.
Das Gelände mit zahlreichen verstreuten Spuren des ehemaligen Lagergebäudes wurde im Oktober 1995 unter Denkmalschutz gestellt.
1998 konnte eine mehrsprachige Informationstafel installiert werden.
2000 wurde die mit Feldsteinen gepflasterte ehemalige Lagerstrasse freigelegt. Mit dem Aufstellen von Namensstelen für jedes der 297 namentlich bekannten Opfer wurden die Gestaltungsarbeiten im Jahre 2002 fertiggestellt.
Foto: Sabine SchulzFoto: Sabine Schulz
(Texte entnommen der Homepage der KZ-Gedenkstätte Neuengamme)
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